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Durch die Heimat mit Karen Fromm

Wer eine Auswahl trifft, schafft eine Metaerzählung. In der Serie "Durch die Heimat mit ..." bittet die Redaktion von upgration.de verschiedene Kura­tor*innen aus Hannover, sich mit dem Thema "Wahlheimat" auseinander­zusetzen. Dafür erhalten sie Zugriff auf einen Pool individ­ueller Heimatbilder. Die Fotos hatte das Cameo Kollektiv auf dem Lumix Festival 2018 im Container "#Heimatministerium" ausgestellt - bewusst unkura­tiert, das heißt: Jedes Bild, jede Perspektive war gleichwertig. Nun soll über das Ver­fahren der Auswahl eine Meta­erzähung entstehen. Welche Bilder stechen heraus? Wovon erzählen sie? Und was be­deutet das für uns?

Weiter geht unsere Serie mit Karen Fromm, Professorin für Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover:

„Heimat ist ein Ort, an dem noch niemand gewesen ist“, hat Ernst Bloch geschrieben. Heimat ist weniger ein real existierender, geografischer Ort, als vielmehr Resultat komplexer gedanklicher und emotionaler Konstruktionsprozesse. Heimat ist daher vor allem ein Ort der Imagination und Projektion für Ideen und Konzepte von Zugehörigkeit und Identität. Heimat begegnet uns als subjektives Gefühl, als individueller Ort der Sehnsucht, aber auch als politisch-ideologisch verordnetes und propagandistisch vermitteltes System. Für mich existiert Heimat vor allem im Plural, der Begriff variiert historisch, fluktuiert gleichsam und muss als eine Art mobiles Konzept permanent neu bestimmt und ausgehandelt werden. Seine tatsächliche Instabilität sollte einen daher umso wachsamer werden lassen gegenüber allen Versuchen, die Heimat im Sinne der Ausgrenzung eines wie auch immer gearteten Fremden gegenüber dem Eigenen dogmatisch festzuschreiben zu wollen.

Aus diesem Grund gefallen mir gerade die visuellen Annäherungen an Konzepte von Heimat, die sich weniger an der Idee von Heimat als Klischee orientieren oder Heimat festschreiben, sondern diejenigen, die entweder einen sehr subjektiven Zugang, ein individuelles Gefühl von Heimat visualisieren oder Bilder, die Heimat als Ort des Aushandelns und Verteidigens sichtbar werden lassen.

 

Fragen an Karen Fromm

Heimat ist der politische „Kampfbegriff“ 2018, unzählige Debatten wurden zu diesem Begriff geführt, aus Deiner Sicht richtig? Kannst Du den Definitionsdrang verstehen?

Der Definitionsdrang ist aus meiner Sicht Resultat des Versuchs, den Begriff politisch und propagandistisch funktional zu machen. Mit individuellen Formen des Sichzugehörig- oder Zu-Hause-Fühlens hat das wenig zu tun.

Inwiefern können Bilder eine solche Debatte mitbestimmen und somit ein kollektives Bewusstsein prägen?

Bilder zeigen nie nur, was ist, sondern mit ihnen wird immer auch Politik gemacht. Warum sollte das in diesem Fall anders sein?

Hat sich das Bild von Heimat im Laufe der Historie verändert?

Heimat ist ein historischer Begriff, der nur im Plural existiert. Er wandelt sich permanent: individuell, kulturell, historisch und politisch.

 

Infobox: Prof. Dr. Karen Fromm ist seit 2011 Professorin im Studiengang ,Fotojournalismus und Dokumentarfotografie‘ an der Hochschule Hannover. Ihre Forschungs- und Lehrgebiete sind Fototheorie, fotografische Bildsprachen und das Dokumentarische in der Fotografie. Sie studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften sowie Kultur- und Medienmanagement und promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema ,Das Bild als Zeuge. Inszenierungen des Dokumentarischen in der künstlerischen Fotografie seit 1980‘. Von 1995 bis 1997 leitete sie die Galerie Pfefferberg in Berlin, übernahm 1999 für das Verlagshaus Gruner + Jahr die Leitung im Bereich Ausstellungen, CSR und Corporate Design. Bis 2011 war sie bei der Photo- und Presseagentur FOCUS Mitglied der Geschäftsleitung.

Hier gehts zum ersten Teil der Serie "Durch die Heimat mit ...".


Text und Bildauswahl: Karen Fromm | Interview: Julius Matuschik | Aufbereitung: Redaktion upgration.de | Fotografien: Verschiedene

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