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Interviewreihe: Haymat erneuern mit Efsun Kızılay

Anfang April organisierte die Rosa Luxemburg Stiftung die Migrationskonferenz „Haymat". Migrantische Selbstorganisationen, Aktivist*innen und Vertreter*innen der Politik kamen mit Wissenschaflter*innen und anderen Akteur*innen zusammen, um über einen Perspektivwechsel des Migrationsdiskurses zu debattieren, aber auch um über die Anforderungen an die linke Politik für die Gesellschaft der Vielen zu sprechen. Für die Redaktion von Upgration war die Konferenz vor allem die Möglichkeit mit Expert*innen ins Gespräch zu kommen, die gesellschaftliche Prozesse weiterdenken. Den Anfang macht die Referentin für Migration der Rosa Luxemburg Stiftung, Efsun Kızılay.

Die Konferenz „Haymat“ versucht einen Perspektivwechsel in der Migrationspolitik anzuregen. Was ist der Ausgangspunkt und wo soll es hingehen? Warum braucht es einen Perspektivwechsel fur die aktuelle Migrationspolitik und was läuft bislang schief?

In Deutschland gibt es eine lange Migrationsgeschichte. Diese wurde aber selten aus der Perspektive der Menschen erzählt, die hier schon seit Jahrzehnten leben oder auch früher schon eingewandert sind. In der letzten Zeit wurde Migration häufig als Konkurrenz bezeichnet, als Gefahr, als etwas, das begrenzt werden sollte. Das ist nicht die Art wie die Rosa Luxemburg Stiftung Migration sehen und verstehen will. Migration ist etwas, was Grenzen überwindet, etwas, was auch soziale Kämpfe als Ursprung hat und einfach breiter gedacht werden muss. Für uns ist Migration positiv konnotiert und wir wollen dem negativen Bild diese positive Konnotation entgegenstellen. Daher auch die Konferenz: um verschiedene Arten von Meinungen und Perspektiven der migrantischen Selbstorganisation in diesem Sinne zusammenzubringen.

Welche Diskurse eröffnet die Konferenz?

Heute Morgen beim Podium "Haymat aus postmigrantischer Perspektive. Kämpfe und Forderungen der Gesellschaft der Vielen" waren verschiedene Personen aus migrantischen Organisationen mit unterschiedlichen Meinungen vertreten. Aber es gab
immer ein verbindendes Element zwischen allen. Eine Frage war: Inwiefern sollten die migrantischen und linken Organisationen ihre verschiedenen Kämpfe und Kampagnen gemeinsam erdenken? Natürlich ist Identitätspolitik wichtig, aber es ist auch wichtig, dass soziale Kämpfe gemeinsam gedacht werden. Wir wollen mit der Konferenz erreichen, dass breitere Allianzen gebildet werden, weil die meisten Menschen der Wunsch eint, der negativen Konnotation etwas Positives entgegenzustellen.

Und wenn es speziell um einen Perspektivwechsel in der Migrationspolitik der Partei Die Linke geht? Das ist der zweite Aufhänger dieser Konferenz.

Es war unsere Absicht, dass im Rahmen dieser Tagung auch Kritik geäußert werden kann. Wir als Rosa Luxemburg Stiftung haben gemerkt, dass bis zu einem gewissen Grad ein gewisser Graben zwischen der Partei Die Linke und migrantischen Organisationen herrscht. Ein Grund dafur ist die Migrationsdebatte, die von einer tatsächlich nur kleineren Gruppe um Sahra Wagenknecht gefuhrt wird, aber die medial verhälnismäßig groß dargestellt wurde. Viele Organisationen hatten daraufhin das Gefühl, von dieser Politik nicht repräsentiert zu werden. Und auch in der Partei gibt es viele Menschen, die die Positionen der kleinen Fraktion nicht teilen, aber in der medialen Debatte übertönt werden. Diese Gemeinsamkeit zwischen Partei und den Organisationen wollten wir mit der Tagung hervorheben und zusammenbringen.

De facto ist Deutschland ein Einwanderungsland, tut sich aber schwer, sich das einzugestehen. Im Moment herrscht ein gewisser Kampf zwischen links und rechts. Wie kann man als Stiftung die öffentliche Debatte mitbestimmen?

Die Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan hat die These aufgestellt, dass derzeit eine zentrale Bruchlinie zwischen Pluralitätsbefürworter*innen und Pluralitätsgegner*innen verläuft. Da ist also die eher linke Seite, die Pluralität befürwortet
und sich für Pluralität über verschiedene Grenzen, Bündnisse und Initiativen hinweg einsetzt. Zum anderen existiert die rechte Seite, die sagt es gibt etwas, das bewahrt werden muss. Die Rosa Luxemburg Stiftung steht fur die der Gesellschaft der Vielen und unterstutzt breite, gemeinsame und gleichberechtigte Bündnisse. Diese sorgen mit ihrer Arbeit dafür, dass Vielfalt auch weiter unterstützt und gleichzeitig rechten Strukturen kein Raum gegeben wird.

 

 

 

 

Nächstes Interview: Tahir Della, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland

Mit Tahir Della haben wir über "koloniale Kontinuitäten" und den heutigen Rassismus gesprochen, aber auch wie man in seinem Umfeld aktiv werden kann, um über Rassismen aufzuklären.

 

 

 


 Interview: Marlene Obst & Julius Matuschik I Fotos: Julius Matuschik