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42

von Paula Schwerdtfeger

Die Antwort auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ – oder die Anzahl der genehmigten Visa für Familiennachzug im August 2018.

Es ist Realsatire. Zumindest kam es mir so vor, als ich letztens die Nachrichten las: Die Bundesregierung beschließt den Familiennachzug bei subsidiär geschützten Flüchtlingen mit einer Obergrenze zu belegen. Demach können 1000 Visa ab August 2018 pro Monat erteilt werden. Immerhin, könnte man meinen, war der Familiennachzug bei Menschen mit diesem Status die letzten Jahre ausgesetzt, also nicht existent. Nun liegt die erste Zahl der erteilten Visa für August vor: 42.

Zweiundvierzig Familienmitglieder haben also im August ein Visum für Deutschland erhalten und können nun auf legalem und sicherem Weg einreisen. Sie gehören zur sogenannten Kernfamilie von subsidiär Schutzberechtigten – es sind Ehepartner, minderjährige Kinder oder Eltern von minderjährigen Kindern, die bereits in Deutschland sind. Sie haben erfolgreich ein undurchsichtiges und äußerst komplexes Verfahren gemeistert, das Pro Asyl als inhuman und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar bezeichnet.

Zweiundvierzig statt Tausend. Zweiundvierzig – eine Zahl mit weitreichender Bedeutung. Laut der Science-Fiction-Satire „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist diese Zahl die Antwort auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“, also auf alle Probleme, die der Mensch mit sich herumführt. Die Antwort „42“ gibt eine gigantische Rechenmaschine, die von Gelehrten des Universums gebaut wurde. Nach 7,5 Millionen Jahren ist der Computer mit seiner Berechnung fertig. Die unbefriedigende Antwort „42“ begründet der Rechner damit, dass die Frage ungenau gestellt worden wäre. Die Antwort aber sei völlig korrekt. Für die Ermittlung der genauen Frage benötige es allerdings eine erheblich größere Rechenleistung als die seine. Die Gelehrten beschließen, einen noch größeren, gigantischeren Rechner zu bauen: die Erde. Dummerweise wird die Erde, kurz bevor das Rechenprogramm abgeschlossen war, gesprengt, um einer Umgehungsstraße im Hyperraum Platz zu machen.

»Kann sich die Idiotie einer unzureichenden Migrationspolitik zynischer zeigen als in dieser Zahl?«

In den Tagen also, in denen Horst Seehofer die Migration zur „Mutter aller Probleme“ ernennt, taucht die Antwort auf alle Fragen der Migrationsdebatte auf: zweiundvierzig legale und sichere Fluchtrouten. Kann sich die Idiotie einer unzureichenden Migrationspolitik zynischer zeigen als in dieser Zahl? Fallen Satire und Realsatire schlussendlich zusammen? Dass Seehofers „Heimatministerium“ auf Bundesebene ein verpackter Investitionsplan in die Infrastruktur des ländlichen Raums ist, also im Zweifel Umgehungsstraßen genehmigt, ist der Gipfel einer Analogie, bei der mir das Lachen im Halse stecken bleibt.

Bis Ende des Jahres kann der Überschuss von 958 Visa aus dem Monat August noch vergeben werden. Sie zählen zu den 5000 Visa, die bis dahin erteilt werden können. Ab Dezember 2018 ist ein Übertrag in die folgenden Monate nicht mehr möglich, alle anderen potentiellen Visa verfallen. Das klitzekleine Fenster, durch das momentan Migrant*innen legal und sicher nach Deutschland einreisen können, droht durch blinde Bürokratie zu verstopfen. Blinde Bürokratie – das Gegenteil von 42.

Infobox: Mehr zu den erteilten Visa für Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten u.a. bei der Tagesschau oder bei der Taz.


Autorin: Paula Schwerdtfeger | Grafiker: Daniel Cyril Hobein