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Besuch im Bundeskanzleramt

Das Cameo Kollektiv war nominiert für den Natio­nalen Integrationspreis der Bundeskanzlerin. Wie war die Preisverleihung? Erfahrungsberichte aus Berlin

von Paula Schwerdtfeger

Am 29. Oktober hat sich das Cameo Kollektiv aufgemacht nach Berlin ins Bundeskanzleramt, zur Verleihung des Nationalen Integrationspreises der Bundeskanzlerin. Für den Preis nominiert worden waren wir vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der neben 32 weiteren Verbänden vorschlagsberechtigt ist. Der Nationale Integrationspreis der Bundeskanzlerin ist Teil der Meseberger Erklärung zur Integration, mit der 2016 neue Gesetze zur Integration durchgesetzt wurden. Der Preis soll Projekte von Einzelpersonen, Organisationen oder Kommunen hervorheben und deren Arbeit würdigen. Dies ist meine subjektive Schilderung der Preisverleihung. Gerahmt wird sie von anderen Perspektiven aus dem Kollektiv (siehe rote Kästen).

Sebastian, Freitag, 26.10.2018, 13:25 Uhr: "Ein Freund fragte mich, ob er denn auch zur Preisverleihung kommen könnte. Nachdem ich ihm erklärt habe, dass dafür eine Einladung des Kanzleramts nötig ist und damit verbunden alle Daten des Personalausweises abgegeben werden müssen, ist mir aufgefallen, wie wenig inklusiv die ganze Veranstaltung ist. Das Cameo Kollektiv war an diesem Tag etwas Exklusives, obwohl wir tagtäglich für Inklusion stehen. Vielleicht konnte deshalb die Jury unsere Arbeit auch nicht recht erklären."

Wir waren 13 Leute, aufgekratzt wie auf einem Schulausflug, und zu Fuß unterwegs auf den zu breiten Straßen zwischen Berliner Hauptbahnhof und Bundeskanzleramt. Noch ein schnelles Gruppenselfie auf der Brücke, Kanzleramt im Rücken, und dann an die Pforte zum Sicherheitscheck. Hohe Zäune, Schranken, Polizisten. Das Pförtnerhaus ist wie eine ovale Schnecke angelegt. An der Glasscheibe vorne Anmeldung und Vorlage der Ausweispapiere. Zusammen mit den anderen Gästen, die um 14:30 Uhr ankamen, ging es ins Pförtnerhaus, eine schmale Treppe hoch, einzeln durch einen Scanner, weiter in einen Wartebereich, dann wieder auf der anderen Seite nach unten, in einem Grüppchen geführt von einem Angestellten des Hauses, vorne am Pförtnerhaus vorbei, durch die Schranke und auf den Parkplatz zum Seiteneingang. Wie wir später feststellten, ist das große, in den Medienbildern des Kanzleramts zu sehende Portal nur für Staatsempfänge gedacht. Im Eingang des Pöbels und der MitarbeiterInnen des Hauses angekommen, gaben wir die Garderobe ab und erhielten ein Namensschild. Ja, ich bin stolze Besitzerin eines Plastikschildchens, auf dem oben links das Logo der Bundeskanzlerin inklusive Bundesadler ist, rechts das Logo „Nationaler Integrationspreis 2018“, darunter mein Name, fett gedruckt, und wiederum darunter steht „Cameo Kollektiv e.V.“

Julius, Montag, 29.10.2018, 14:45 Uhr: "Nach einer ausführlichen Sicherheitskontrolle, genau wie am Flughafen, betreten wir einen Vorraum. Grüppchenweise werden wir von dort ins Kanzleramt eingelassen und betreten die riesige, offene Haupthalle. Eine fast schon sakrale Atmosphäre erschlägt einen. An allen Aufgängen und Treppenhäusern stehen statuenhaft Sicherheitsbeamte. Der Hall eines für die Verleihung probenden Musiker-Ensembles schallt durch den Raum. Total surreal das Ganze."

Erneut bewegten wir uns in Gruppen, angeleitet von MitarbeiterInnen des Hauses. Der Weg führte in die Mitte des Gebäudes, in den Eingangsbereich hinter das große Portal für Staatsempfänge. Dort eröffnet sich ein weiter, über mehrere Stockwerke gehender Raum, achsensymmetrisch gelagert. In dessen Mitte befindet sich ein Rondell, flankiert von zwei riesigen Treppen, der Süd- und der uns näher liegenden Nordtreppe. Die Nordtreppe schritten wir nach oben. Auf dem Plateau dahinter waren Stehtische und ein Buffet mit Kaffee und Kuchen für uns Gäste. Oben angelangt zu unserer Rechten: die Porträtgalerie der Bundeskanzler a.D., von Adenauer bis Schröder. Hinter dem Rondell zu unserer Linken: ein abgesperrter Bereich. Dort – wie unschwer zu erkennen war – finden die Pressekonferenzen des Kanzleramts statt. Stuhlreihen, Redepulte, Fahnen der EU und der Bundesrepublik rechts und links, dahinter eine blaue Stellwand. Ansonsten: Leere.

Foto: Julius Matuschik

Die Architektur des Bundeskanzleramts changiert aufwendig zwischen weitläufiger Offenheit, blockhaftem Fragment, purer Funktionalität und staatstragender Symbolik. Ohne die politischen RollenspielerInnen bleibt die Bühne leer, der Raum steht verlassen für sich und offenbart in dieser Leere die Theatralik des politischen Spiels, das je nach Notwendigkeit und Zusammenhang den vorgegebenen Raum mit Bedeutung füllt. Eigentlich eine gelungene Architektur, um ein hohes Amt der Demokratie zu repräsentieren. Und dennoch eigenartig schal, wenn die Rolle, die man selber dort spielt, via Protokoll bestimmt ist und nicht durch inhaltliche Auseinandersetzung und Begegnung gefüllt wird.

Linda, Montag, 29.10.2018, 15:00 Uhr: "Ein langer Moment des Wartens. Ein vorsichtiges Einanderbeobachten. Wer sind die anderen? Ein Moment innerer Aufregung – wie wird der weitere Abend? Ungewissheit, Unsicherheit, Vorfreude. Im Nachhinein skurril, Projekte für kulturelle Offenheit treffen sich auf einer Veranstaltung und bleiben jeweils unter sich. Aufeinander zugehen scheint nicht leicht."

Das Protokoll sah vor, dass wir nun Kaffee und Kuchen frönten. Das taten wir. Die Gäste des Empfangs beäugten sich gegenseitig, mehr aus der Ferne denn im zugewandten Gespräch. Wer hier war, wer von wem vorgeschlagen worden war, was die Leute machten? Keine Ahnung. Um 15:00 Uhr konnte man an einer Führung teilnehmen, ein Angebot, das ich gerne annahm. Die Führung begann mit einem Film über das Bundeskanzleramt, Drohnenflüge über den Gebäudekomplex, der „Ost- und Westberlin verbindet“, in dem hunderte von MitarbeiterInnen arbeiten, in verschiedenen Bereichen, Staatsministerinnen, die Kanzlerin mag ihren großen Schreibtisch nicht, wird gemahnt vom Blick auf den Reichstag, Macron zum Staatsbesuch, Drohnenflug, Sonnenstrahlen, Adenauerporträt – die Demokratie glänzt. Weiter ging es unterhalb des Rondells im Haupteingang. Dort ist eine Ausstellung ausgewählter Staatsgeschenke zu sehen, wie uns auch der Film schon unterrichtete, geordnet nach Kanzlerschaften. Teeservice, Pfeife, ein Buch, ein Collier, Glocken, Prunkschalen, erstaunlicherweise keine Waffen. Nach der Beschau des „Staatsschatzes“ ging es wieder nach oben zu Kaffee und Kuchen.

Foto: Sebastian Cunitz

Ich muss gestehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt keine Lust mehr hatte. Irgendwie fehlte mir der Festcharakter. Eine Preisverleihung ist doch festlich? Natürlich repräsentativ, formell, keine Frage. Mir fehlte aber die Figur, die einlädt, die begrüßt. Die würdigt. Wir wurden gebeten, uns zur Südtreppe des Eingangsbereichs zu bewegen. Dort fanden wir den vorher leeren Raum verändert vor: nun mit einem Podest vor der Fensterfront, gegenüber der Treppe. Zwischen Treppe und Podest viel Platz. Dann Stuhlreihen. Rechts davon ein Rednerpult. Links davon eine Fernsehkamera und ein abgesperrter Pressebereich. Neben dem Podest ein zweiter Pressebereich. Große Lichtstrahler. Aufsteller hinter Podest und Rednerpult in gleicher Optik wie mein Ausweis: Logo der Bundeskanzlerin mit Bundesadler, Logo „Nationaler Integrationspreis“. Nachhaltigerweise diesmal ohne Jahresangabe. Und in einem hellen Grau. Eine Stufe heller vom Hintergrund abgesetzt, angeschnitten und mehr verschwindend: ein halber Flügel des Bundesadlers. Die staatstragende Symbolik der Bundesrepublik in a nutshell: irgendwie da und irgendwie auch nicht, halb versteckt, hinter vorgehaltener Hand, bloß nicht zu doll, aber ganz verzichten will – oder kann – man dann doch nicht.

Felix, Montag, 29.10.2018, 16:45 Uhr: "Zu Beginn der Preisverleihung hielt Frau Dr. Merkel die Eröffnungsrede. Inhaltlich berührte sie mich sehr, als sie sich für das ehrenamtliche Engagement bedankte. Es gab jedoch diesen irritierenden Moment: Ich konnte von meiner Sitzposition auf das Redemanuskript gucken. Die Schriftgröße war riesig. Ich hörte die Worte meines Professors im Kopf: 'Je persönlicher der Inhalt, desto näher ist der Rezipient am Inhalt.' Sie las aus der Distanz."

Wir nahmen Platz auf der Treppe, die mit Kissen belegt war. Warten auf die Kanzlerin. Und dann ereignete sich Sonderbares. Als sie, inmitten einer kleinen Entourage, auftrat: Klatschen. Mir wurde schlagartig klar: Nie ging es hier um diejenigen, die integrieren. Nicht um die, die gewürdigt werden. Sondern um die, die würdigt. Es ging um eine Kanzlerin, die mehr oder minder aus Versehen zu einem Symbol der Integrationspolitik und zum Gegenstand einer populistisch geführten Migrationsdebatte geworden war. Sie trug strahlendes Pink. Am Vormittag hatte sie verkündet, nicht mehr den CDU-Vorsitz übernehmen zu wollen. Später am Abend würde sie angeblich noch den südafrikanischen Präsidenten empfangen. Staatsempfang. Vor dem Hauptportal. Mit Bundeswehr und großem Tamtam. Die Soldaten übten schon im Dunkeln vor der Fensterfront. Was machten wir hier eigentlich?

Foto: Najem Al Khalaf

Ein Quartett spielte engagiert ein klassisches Stück. Mir fiel auf, dass die Stellwand, vor der die MusikerInnen standen, schief war. Es folgten Beiträge zur Integrationsdebatte, erst von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, dann von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Letztere war erstaunlich locker. Scherzte. Nahm sich insgesamt eine Stunde Zeit für die Verleihung. Ihr Dank ging an uns, die wir auf der Tribüne saßen. Was wir Tolles fürs Land täten. Wie wichtig doch Engagement sei. Ihr Rednerpult war ausgerichtet auf die Fernsehkameras. Wir, die Nominierten, waren Kulisse für eine positive Integrationspolitik, die sich hier zeigen wollte.

Tabea, Montag, 29.10.2018, 16:50 Uhr: "Eine Person, die ich nie direkt erlebte, richtete in Anerkennung das Wort an uns. Es war interessant, dass Angela Merkels Worte in meinen Ohren aufrichtig klangen, obwohl ich nicht mit allen Elementen ihrer Rede (oder ihrer Politik) übereinstimme und obwohl sie wahrscheinlich sehr geübt darin ist, Reden an ein breit gefächertes Publikum zu formulieren. Und nach Monaten anders gelagerter Worte im öffentlichen Diskurs (Gutmenschentum, Asylflut und -tourismus, etc.) taten mir ihre Worte doch gut: dass das, was wir und andere tun, als bereichernd und gesellschaftlich wichtig wahrgenommen wird. Und dann kam die Vorstellung der Projekte und Vereine. Und zwischen den vorbereiteten Teilen kreiste der freie Dialog immer wieder um Spitzen und Seitenhiebe, (Selbst-)Darstellungen, innenpolitischer Hickhack und ich spürte eine alte Erschöpfung in mir hochkommen. Doch weigere ich mich, Resignation zu empfinden, sondern will das Erlebnis als Impuls nutzen, weiter zu arbeiten, mich einzusetzen und zur gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklung dieses Landes beizutragen. Und hierfür empfinde ich Frau Merkels und die Worte anderer als Rückenwind. Und zu guter Letzt empfinde ich Stolz, diese Anerkennung gemeinsam mit anderen erhalten zu haben."

Marlene, Montag, 29.10.2018, 16:55 Uhr: "Nun ist er da, der Moment. Die Kanzlerin sitzt. In einer Kaskade wirft sich ihr eine Horde von Objektiven zu Füßen. Es blitzt und knattert, mein Gehirn erfindet schnell noch etwas Rauch dazu und zischt mir ganz in GNTM-Manier „Drama, Angie, Drama!“ ins Ohr. Ich beiße mir auf die Wangen. Ein Zopf sticht aus der Menge heraus, irgendwie eher eine Palme. Sie baumelt leicht schief am Kopf, wirkt einsam und exotisch zwischen all dem männlichen Haupthaar. Langsam ziehen sich die Fotografierenden zurück, zucken ruckartig von links nach rechts. Ganz das Klischee, ganz Realität, ganz Inszenierung. Zumindest der Zopf sitzt noch perfekt. Offenbar ist seine Trägerin den Zirkus gewohnt."

Tim, Montag, 29.10.2018, 17:15 Uhr: "Überrascht war ich von dem Podiumsgespräch. Jedes der fünf Jury-Mitglieder stellte jeweils zwei Projekte vor und beschrieb kurz, was diese für die Nominierung interessant gemacht haben. Da wurde mir bewusst, dass im Hintergrund dieser Veranstaltung ein straffer Zeitplan regierte. Ich hatte den Eindruck, dass nicht alle Juroren genau wussten, was die einzelnen Projekte überhaupt taten. Ich hatte die ganze Veranstaltung so verstanden, dass dort Projekte gewürdigt werden und diesen die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zumindest gab es am Ende sehr leckeres Essen und das Abenteuer Kanzleramt hat mir sehr viel Spaß gemacht. Für uns ein spannendes Erlebnis, für die Menschen im Kanzleramt sicher ein weiterer Termin der nach der Veranstaltung abgeschlossen war."

Die Kanzlerin bat die Jury auf die Bühne und es folgte eine mehr oder minder gescriptete Diskussion, bei der die Juroren und Jurorinnen zehn der nominierten Projekte namentlich hervorhoben. CDU-Politikerin Petra Roth erläuterte ein Projekt, und wir Cameos im Publikum waren hin und her gerissen: Meint sie uns? Oder sind wir das gar nicht … Es stellte sich raus: Sie hatte wirklich uns erklärt. In Anwesenheit der Kanzlerin. Die weiteren Jury-Mitglieder waren Naika Foroutan, Sami Khedira (nur per Videobotschaft anwesend), Ahmad Mansour und eine Figur, bei der ich etwas brauchte, um sie richtig einzuordnen: Frank-Jürgen Weise, unter anderem Leiter des BAMF von 2015 bis 2017.

Spätestens hier krachte es merklich in meinem moralischen Gebälk. Sind wir nicht Opposition dieser Politik? Und jetzt klatschen wir Beifall wie im Fernsehstudio. Haben die eigentlich verstanden, was wir tun? Was die meisten hier wohl machen? Dass wir tun, was wir tun, weil so viel schief läuft? Weil es Rassismus in diesem Land gibt, weil Menschen unwürdig behandelt werden, weil Gleichheit eine Phrase ist und eine vielfältige Gesellschaft auf oberster Ebene nicht gewollt ist – siehe Innenministerium? Waren wir naiv hier her zu kommen? Was bringt es, wenn die Botschaft unserer Arbeit keinen Empfänger findet?

Alireza, Montag, 29.10.2018, 16:50 Uhr: "It was really deep and hard for me when Angela Merkel was talking, because I just felt I am in a room with people that can – with a small signature – make/change/destroy my future and life and all of my dreams. And I cried a little bit at that moment. But Berlin was much more than this, the moment that we were in the train, in the subway, in the bus, at the restaurant, in the wine shop and especially in the bar later, that transferred my Berlin trip to the best trip of my life. Cameo gave me a day and a night that I will never forget!! When we were at the Hannover Hauptbahnhof and started our journey, we made a selfie together. I looked at it later and when I was looking at us, in every face and especially at myself, I saw a „real smile“ on my face, that I haven’t felt for a long time. I realized that Cameo is my second family and I had this feeling the whole day."

Den Preis erhielt das Projekt „Brückenbau – Vielfalt begegnen!“, das psychosoziale Versorgung von Geflüchteten anbietet und bei dem arabisch-israelische, jüdisch-israelische und deutsche Menschen arbeiten. Es folgte gescripteter Smalltalk zwischen Kanzlerin Merkel und Gal Rachman, dem Geschäftsführer von IsraAID Germany e.V., einem der Träger von „Brückenbau“. Applaus. Wieder ein klassisches Stück. Zügig zurück zur Nordtreppe, Gruppenfoto mit der Kanzlerin. Abgang der Kanzlerin. Applaus. Vorzügliches Essen an Stehtischen. Wein. Sekt. Smalltalk. Dann doch noch interessante Gespräche und viele tolle Projekte. Und dann wurden wir sanft aber bestimmt rausgeschoben aus dem Foyer, rein ins regennasse Berlin. Am Ende haben wir doch noch gefeiert und ein Fest draus gemacht. Auch das Hotel, das wir wie die Fahrtkosten bezahlt bekommen haben, wurde ausgekostet. Nur der fade Beigeschmack hielt sich bei mir hartnäckig.

Foto: Karsten Grimpe

Inzwischen habe ich mich beruhigt. Eine Preisverleihung ist möglicherweise nicht der Ort für Diskussion und inhaltliche Auseinandersetzung jenseits von Schlagworten. Dass es führenden Politikerinnen zusteht, im Rahmen eines politisch begründeten Preises ihre Position zu bekräftigen, ist hinzunehmen. Gerade durch uns und die Arbeit vieler anderer Projekte sind sie überhaupt gezwungen, sich für die Rechte Geflüchteter und für eine positive Migrationserzählung zu positionieren. Nicht nur wegen Druck von rechts. Das versöhnt mich wieder.

Frydia, Montag, 29.10.2018, 18:00 Uhr: "Welch eine verrückte Vorstellung. WIR sind beim Nationalen Integrationspreis eingeladen. Ja, irgendwie bemerkenswert und ich finde auch berechtigt. Aber eben auch ein bisschen verrückt, diese Politik und wie sie unser Projekt auf einmal auf dem Schirm hat. Die Vorstellung, ins "Weiße Haus Deutschlands" eingeladen zu sein, fühlte sich cool aber auch befremdlich an. Der Besuch hat dieses Gefühl auch bestätigt: Es war beeindruckend groß, für das leibliche Wohl war gesorgt. Nur rauchen konnte man nur in Begleitung von einem ernsthaft dreinschauenden Security-Mitarbeiter. Ein komisches Gefühl, da der Staatsbesuch des südafrikanischen Präsidenten parallel zu unserem Empfang stattfand. Politik und die Show drumherum so nah zu erleben und in einer merkwürdig unpassenden Situation rauchend, nur wenige Meter von der sich vorbereitenden Militärparade zu stehen, war wohl neben dem Applaus für die tapfer lächelnde Angela Merkel mein skurrilster Moment des Abends."


Text: Cameo Kollektiv| Foto: Cameo Kollektiv |