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Zwischenwelten

von Vera Vorneweg

Ich bin eine Wartende, ich bin die dritte Person; ich gehöre nicht zum Hauptstrang. Trinität: das sind immer wir, wir, wir und einer zu viel.

Was magst du an mir?

Dass wir an den richtigen Stellen verschieden sind.

Und während wir uns lieben, kraxelt der Thermomix unser Essen; auf der höchsten Intensitätsstufe kann der sogar Nüsse knacken. Und auch du, auch du, bist mechanischer geworden; wenn die mit dir und dann auch ich und umgekehrt.
Wenn a, dann b, dann auch c, wie damals in der Schule; Geometrie nur anders herum; das Dreieck auf den Kopf stellen; den Kreis um sich selbst ziehen usw. Schau: das ist alles nur einen Fingerklick entfernt, ménage à trois, pourquoi pas; komm, wir essen Crème Brûlée und brüllen und tun so, als ob wir in Paris wären mit der Liebe in jeder Gasse und Ritze und im Bett knistern schon wieder die Decken; wir werfen sie aus dem Fenster. Wir wollen keine Decken mehr. Wir wollen nicht mehr bedeckt werden.

Epilog: Du trägst die Brille der Sehnsucht, die mich nur Rosen sehen lässt. Die Kristalle glitzern; die Angst bleibt salzig auf deiner Haut. Die Sonne ist eine Diva; sie zeigt sich nur bei ausgewählten Gelegenheiten, Sommer. Alle Weichen sind gestellt. 24 Stunden beträgt deine herkömmliche Beziehungsdauer, so steht es in deinem Newsfeed geschrieben, warum also nicht etwas ausprobieren, wenn das Verfallsdatum gleich morgen ist; warum nicht jetzt genießen, „lebe den Augenblick“, den Lidschlag, den Schatten, das Grau-Blau. Sind es doch immer die Irrfahrten, die zu den richtigen Punkten führen, zu mir. Ich bin eine Wartende, ich reise nie.

In alles hat sich so eine Eventkultur eingeschlichen, das ganze Leben ist zur Bühne geworden und auch wir stehen dort in der Mitte, schau! Schau! Auch wir stehen auf einer Bühne! Auch wir sind öffentlich! Ja, auch dein Milchschaum-Bart, dein feines dunkles Haar, das in einem deiner Muttermale duweißtschonwo wächst.Dem Magen das Denken überlassen, wir rauchen Zigarre, fürs Gefühl; jemand öffnet das Fenster und wirft eine Tomate. Schau, die Tür, sie ist deinem Schweigen ins Wort gefallen; noch habe ich deine Stille am Ohr. Es gibt Dinge, die sind eingebrannt. (…) Die Gewürze nach Farben sortieren, das wäre der nächste Schritt. Und alte Fotofilme in die Pfanne werfen. Das zischt total, wusstest du das?

Text: Vera Vorneweg, geb. 1985 in Mülheim an der Ruhr, Studium der Sozialen Arbeit, Philosophie und Germanistik. Zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften, z.B. Text + Bild, etcetera, neolith. Verschiedene Preise und Stipendien, u.a. Harald-Gerlach-Preis, Stipendiatin „Künstler*innen im ländlichen Raum“ und Künstlerstipendium NRW.



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